Dies ist eine sehr persönliche Geschichte. Ich möchte sie gerne mit euch teilen, damit ihr seht, wie wertvoll es sein kann, auch unangenehmen Gefühlen ihren Raum zu geben. Und euch Mut zu machen, eure Gefühle zu spüren.
An einem Nachmittag während meiner Coachingausbildung sprachen wir darüber, wie man mit der Wut auf nahestehende Menschen umgeht. Ich habe das Gespräch neugierig verfolgt, fühlte mich aber nicht weiter davon betroffen. “Ich – wütend? Nee. Ich bin total entspannt und harmonisch mit allem, was um mich herum geschieht. Ich bin nie wütend.” “Aha” sagte mein Ausbilder. “Du darfst auch wütend sein”. “Nein danke, das brauche ich nicht”, war meine Antwort.
Die Unterhaltung ging weiter, aber irgend etwas hatte ich verändert. Ein leises Rumoren in meinem Körperinneren ging los. Wir gingen zum Mittag essen, ich wurde ganz still und fing innerlich regelrecht an zu kochen. “Ich darf wütend sein?” ging es mir durch den Kopf. Ich bin sehr harmonieliebend aufgewachsen. Wut war nie ein Thema. Wir haben uns fast immer gut verstanden. Gut – manchmal knallte es hier oder da, aber es war schnell alles geklärt und wieder friedlich. Oder doch nicht? Was, wenn ich wirklich wütend auf manche Dinge bin? Was, wenn ich wirklich das Recht habe, wütend zu sein?
Ich darf wütend sein
Da war es um mich Geschehen. Ich darf wütend sein! Die Wut brach nur so aus mir heraus. Ich war völlig verzweifelt und wusste nicht, was mit mir geschieht. Es liefen Tränen und ich brabbelte ein wirres Durcheinander von Themen, die mit der Wut zusammenhingen. Einer der Ausbilder hat mir aufmerksam zugehört. Immer wieder hat er mich gefragt “Und was musst du jetzt tun?”. Nach einer Weile erhielt die nächste Erkenntnis Einzug: “Ich muss raus in den Wald und diesem Gefühl Raum geben.” Dem Impuls bin ich gefolgt und habe gebrüllt, geweint, geschriehen und mit Ästen um mich geschlagen. Bis alles raus war und ich mich völlig erschöpft auf den Boden gesetzt habe.
Dann kam plötzlich diese innere Ruhe, zunehmende Entspannung und eine totale Erleichterung, das endlich alles raus war. Und das, obwohl ich noch nicht mal wusste, dass ich Wut überhaupt in mir trug.
Wut gehört zum Leben dazu
Wut gehört zum Leben dazu, wie Freude, Liebe, Angst oder Trauer. Und du hast ein Recht, wütend zu sein. Was nicht heißt, diese unkontrolliert an anderen Menschen auszulassen. Ganz im Gegenteil. Wenn du dir selbst Zeit und Raum gibst, deine Gefühle zu spüren, dann brechen sie auch nicht unkontrolliert aus dir heraus. Wenn ihr heute unangenehme Gefühle spüre, dann vereinbare ich einen Termin mit ihnen. Es ist ja nicht immer der passende Zeitpunkt, seinen Gefühlen freien Raum zu geben. Sie merken dann aber, dass ich mich um sie kümmern werde und quälen mich nicht länger.Vielleicht hilft das in Zukunft auch dir. Wenn du spürst, dass sich ein Gefühl in dir breitmacht, spüre kurz rein. Vereinbare einen Termin mit dem Gefühl für später und beobachte, was sich in dem Moment verändert. Verurteile dich nicht dafür! Denn es ist dein Gefühl und es enthält eine wichtige Botschaft für dich.
Nimm eine dir vertraute Person zur Seite, die für dich da ist, wenn du Angst vor deinen Gefühlen bekommst. Auch ich bin für dich da, wenn du zusätzliche Unterstützung brauchst.
Viele liebe Grüße,
Katrin
Ähnliche Artikel zu dem Thema:
10 Gründe warum Gefühle wichtig sind
Wie das mit der Liebe funktioniert
Hallo liebe Katrin,
vielen Dank für deinen Beitrag. Ich erkannte mich wieder 🙂 Ich stand immer über diesen Dingen! 🙂 Wut, ich doch nicht, ich schaffe ja alles mit links und ich bin ja sooooo stark.
Vor ca. 3 Wochen hat es mich dann erwischt, so stark, dass ich zuerst nicht wusste, wie ich damit umgehen soll. Mir war nicht einmal bewusst, dass in mir so eine Wut ist. Es war wie ein Vulkan, ein Hurrikan und ein Erdbeben gleichzeitig. Auch ich habe einen Bericht darüber auf meiner Homepage geschrieben 🙂
Anscheinend ist das gerade ein wichtiges Thema.
Dein Ansatz mit dem Gefühl einen Termin zu machen gefällt mir sehr gut, das ist wirklich eine tolle Idee, die ich das nächste mal gerne umsetzen werde.
Alles Liebe
Cornelia
Hallo alle miteinander. Ich bin auf der Suche nach meiner Wut. Mir ist Unrecht widerfahren und ich empfinde nichts, obwohl ich eigentlich sehr wütend sein müsste. Anscheinend bin ich ein Meister im Verdrängen.
Gerne würde ich wütend sein, damit ich alles Unangenehme und Störende los würde, aber da ist nichts. Wie komm ich an meine Gefühle ran?
Liebe Cornelia,
den ultimativen Tipp dafür gibt es leider nicht. Zumindest habe ich ihn noch nicht gefunden :). Wenn du deine persönliche Antwort auf die Frage erarbeiten möchtest, können wir gern einen Kennenlerntermin vereinbaren und schauen, ob ich dich dabei unterstützen kann. Vielleicht ist Wut auch gar nicht der richtige Weg. Wer sagt denn, dass du wütend sein müsstest?
Ich wünsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr und freue mich, wieder von dir zu lesen – gern auch per Mail an hallo@katrinlinzbach.de.
Liebe Grüße, Katrin
Hallo liebe Katrin,
Vielen Dank für diesen sehr persönlichen Artikel.
Auch ich habe mich an einigen Stellen gefunden. Während meiner Ausbildung zum Coach ging es mir auch öfters so: Themen, mit denen ich mich selbst nicht in Verbindung gebracht habe – waren plötzlich MEINE Themen. Es war teilweise erschreckend aber auch sehr hilfreich und heilsam!!
Ich kann Deine Aussage nur unterstreichen, dass wir alle das Recht haben wütend zu sein. Wir dürfen dieses Gefühl annehmen und nicht verdrängen.
Gerade Mütter – dieses Thema beschäftigt mich derzeit sehr – gestehen sich so einiges an Gefühlen nicht zu. Also Mutter hast Du stark zu sein, Du bist Vorbild usw.
Aber gerade ein Vorbild nimmt sich und seine Gefühle so an, wie sie sind und kommen. Wir sind alle Menschen und niemand ist perfekt aber wir alle dürfen glücklich sein…..
Und das wollen wir doch alle!!
Herzliche grüße
deine Nicole
Liebe Nicole,
danke dir! Oh ja – ich kann mir gut vorstellen, dass es als Mutter eine Herausforderung ist, Raum für seine Gefühle zu haben. Der Gesellschaftliche Druck, was eine Mutter alles zu leisten hat, ist ja teilweise unerträglich. Und führt ganz bestimmt nicht zum Glück. Aber unsere Lebenszeit ist kostbar! Und ich werde hier so lange Artikel schreiben, bis zumindest alle die Chance hatten, das zu erkennen 🙂
Ich wünsche dir einen schönen Abend,
liebe Grüße, Katrin
Hallo Katrin,
die Idee mit den Gefühlen einen Termin auszumachen, finde ich auch sehr gut.
Viele Grüße
Claudia
Liebe Claudia,
danke 🙂 Auch wenn ich Termine sonst gerne mal streiche – die Termine mit meinen Gefühlen sind mir heilig!
Liebe Grüße, Katrin
Hallo Katrin, danke für den schönen Artikel, der genau zur rechten Zeit kommt… Auch ich bin ein Harmoniemensch, und wenn man sich dann immer zurückhält, weil man ja keine Meckertante sein will und niemanden verletzen möchte, steigert man sich auf Dauer in eine ziemliche Hilflosigkeit und Trauer hinein. Endlich mal die Wut darüber zuzulassen ist schon der erste Schritt zur Veränderung, da man sich endlich zugesteht, etwas verändern zu wollen anstatt die Situationen einfach nur auszuhalten.
LG
Sybille
Liebe Sybille,
danke für deine Ergänzung! Das mit der Trauer kenne ich auch. Zu erkennen, dass diese eine Ursache in allgemeiner Lebensunzufriedenheit hat, war ein spannender Prozess!
Ich wünsche dir einen schönen Abend,
liebe Grüße,
Katrin
Liebe Katrin,
vielen Dank für diesen wertvollen Artikel.
Eine super Idee mit den eigenen Gefühlen einen “Termin” auszumachen.
DANKE
Alles Liebe
Robert
Lieber Robert,
es freut mich, dass er dir gefällt 🙂 Ich habe heute Abend noch einen Termin mit meiner Freude und freue mich jetzt schon darauf.
Ich wünsche dir einen schönen Abend,
liebe Grüße,
Katrin
Wow, danke für Deine Offenheit Katrin, das ist sehr inspirierend!
viele Grüße,
Patricia
Liebe Katrin,
oh ja das Thema kenne ich auch so gut. Zu Hause hieß es früher immer “Bei Grabowskis herrscht Harmonie”. So wurden so getan, als wenn es Konflikte nie bei uns gibt. Und schon als Kind hab ich mich manchmal gewundert, warum ich doch tief in mir spüre, dass es sehr wohl Konflikte gibt. Nur wurden die einfach ignoriert. Und auch ich dachte, Wut ist ein Gefühl, dass ich einfach nicht habe.
Ich habe es dann in meiner letzten Beziehung gelernt, dass ich sehr wohl Wut manchmal in mir habe. Als ich in einer Diskussion dann das erste Mal meine Wut so richtig gespürt und dann auch rausgelassen hatte, war mein damaliger Parter anfangs perplex und danach meinte er: “Gott sei Dank. Ich dachte das passiert nie” ;o).
Wenn ich jetzt merke, dass es in meinem Bauch grummelt, dann frag ich mich, welches Bedürfnis ich grad übergangen bin und das ist spannend und bringt mich immer wieder zu mir zurück.
Die Idee mit dem Termin machen und dem Gefühl den Raum zu geben, den es verdient, finde ich auch super. Schließlich leiten uns unsere Gefühle ja auch durchs Leben.
Danke für die Inspiration und alles Liebe,
Diana
Liebe Diana,
herzlichen Dank für deine Erfahrung! Es ist erstaunlich, wie selten Wut wirklich geäußert wird. Dabei kann es für alle beteiligten heilsam sein. Ich kenne auch dieses immer harmonisch sein – besonders in einer Beziehung und in der Familie. Aber auch unter Freunden. Dabei wird eine Beziehung egal zu wem erst so richtig authentisch und wertvoll, wenn alle Gefühle ihren Raum haben können.
Ich wünsche dir ein tolles Wochenende,
liebe Grüße,
Katrin